Einführung zum Thema „Entspannen“ (aus der Reihe „Tara Rokpa kennenlernen“)

Einleitung zum 2. Übungsabend „Tara Rokpa kennenlernen“, 14. Jan. 2021

Petra Niehaus

Tara Rokpa ist ein Erfahrungsweg, und beruht auf Übungen, die wir selbst machen müssen, um herauszufinden, ob sie etwas für uns sind.

Wir begegnen uns selbst, uns selbst als Menschen mit einem Körper, mit einem Geist, mit Gefühlen, mit Empfindungen, mit Gedanken, die wir erleben in einem Wechselspiel, einem Ineinandergreifen, sich bedingen…

Entspannen ist ein Schlüsselbegriff bei Tara Rokpa. Im Alltag ist Entspannung für uns oft ein Unterbrechen der Geschäftigkeit mit anderer Geschäftigkeit. Nach der Arbeit gehen wir ins Fitness-Studio, schauen fern, lesen… wir belohnen uns oft nach der Geschäftigkeit mit Ablenkung – mit neuer Geschäftigkeit…

In den Entspannungsübungen kommen wir zu uns. Wir legen uns bequem hin, richten uns einen behaglichen Platz ein, nicht zu hart, nicht zu weich, nicht zu kühl, nicht zu warm: Wir kümmern uns um uns, wir gönnen uns einen Freiraum, wo wir nichts zu tun haben, wo wir nicht geschäftig sind.

Entspannung ist nicht einfach NICHTS TUN, sondern ein Einüben heilsamer innerer Zustände. Viele von uns sind chronisch angespannt, viele sind diesen Zustand so gewöhnt, dass sie tiefe Entspannung kaum noch erleben.

Durch die Entspannungsübungen können wir aus der Anspannung nach und nach und nach wieder in die Balance kommen. „Ein verspannter Körper und Geist sind die Wurzel vieler Leiden, Ausdruck und Nährboden für Verwirrung und Angst, für Krankheit und unangemessenes Handeln. „Wenn wir in Panik sind, voller Angst und Aufregung, dann können wir die Dinge nicht wirklich gut wahrnehmen oder sehen oder verstehen. Um wirklich klar sehen zu können, müssen wir entspannt sein (Akong Rinpoche in KÖLN 2003, U. Küstner: Tara Rokpa – Weg zu Freiheit und Mitgefühl, S. 39)

Entspannung ist nicht nur Muskelentspannung, sondern auch entspannte Gefühle, entspannte Gedanken, entspannter Geist. Entspannung ermöglicht innere Ruhe und Offenheit, wir spüren und sehen das, was ist, wenn sich die Aufgeregtheit setzt, wenn Raum entsteht. Aus diesem Raum, können Dinge sich neu formen, heilsame Impulse entstehen, kreative Lösung tauchen auf, ohne dass wir sie machen oder suchen müssten, ohne dass wir etwas verändern, beseitigen oder ruhigstellen müssten – sie kommen aus einem entspannten Geist, aus dem Raum unseres Geistes, in dem sich ein natürliches Gleichgewicht finden lässt, in dem Selbstheilung entsteht, weil wir uns in Ruhe lassen.

Das ist das eigentliche Motto: Wir lassen uns in Ruhe!

Untrennbar von diesem IN RUHE LASSEN ist, dass wir entspannen, was auch immer wir spüren und fühlen.

In der Körperreise, die wir heute Abend machen werden, in der bewussten Wahrnehmung unseres gesamten Körpers, spüren wir hier dieses, dort jenes, dort gar nichts, manches fühlt sich angespannt, spitz oder wohlig an, anderes diffus, für wieder anderes haben wir keinen Begriff, kein Wort und wir bleiben, soweit es uns eben möglich ist, auf der Ebene der körperlichen Empfindung.

Wir erlauben uns, zu spüren, was ist. Wir machen nichts weg, was wir unangenehm finden, wir suchen nicht nach dem Angenehmen, wir atmen das Missbehagen nicht weg. Wir sind einfach wach dabei, nehmen wahr, verweilen nirgends allzulange – wir spüren und bewegen uns weiter durch den Körper in der Abfolge der Anweisung.

Diese mag – wie jede Anweisung – nicht genau unserem Tempo entsprechen. Wenn wir die Übung kennen und sie für uns zuhause machen, können wir das Tempo so anpassen, wie wir es gerade brauchen. In der Übungsanleitung jetzt gleich ist es halt für alle gleich. Die Übung heißt SPÜREN.

Zum Abschluss ein Zitat von Akong Rinpoche aus seinem Buch „Den Tiger zähmen“, S. 139:

„Wir können uns entspannen, wenn wir lernen, uns anzunehmen. Lasst alle Erwartungen an die Übung fallen, zum Beispiel den Gedanken: „Ich mache jetzt diese Übung und will damit dieses oder jenes erreichen.“ Stärkt stattdessen eure Fähigkeit zur Selbsterkenntnis und lernt, bei allem zu sein, was ihr denkt oder fühlt. Schließt Freundschaft mit euch, ohne euch selbst zu bekämpfen – so findet ihr schnell Entspannung. Menschen mit einem reifen Geist sind überall glücklich, was auch immer geschieht, denn sie haben gelernt, sich und ihre Erfahrung zu akzeptieren.“

(Es folgt die Übung „Spüren“).

  • Aufnahme der Übungsanleitung „Spüren“: (Audio, MP3)

Quellen und weiterführende Literatur:

Akong Rinpoche: Den Tiger zähmen

Ulrich Küstner: Tara Rokpa – Weg zu Freiheit und Mitgefühl